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Jan Swammerdam (1637 - 1680)

Bibel der Natur von Jan Swammerdam
"Bibel der Natur" von Jan
Swammerdam, Bildquelle: 
Humboldt-Universität Berlin

Der Niederländer Jan Swammerdam war ein berühmter Naturforscher und Biologe, der unter anderem als erster ein Mikroskop nutze, um Blut zu untersuchen. Er entdeckte damit die roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Swammerdam hat zudem umfangreiches Wissen über Insekten angehäuft und das berühmte Experiment mit dem zuckenden Froschschenkel ersonnen.

Allerdings endet sein Leben tragisch: er starb 1680 mit nur 43 Jahren schwer krank, verarmt und angefeindet - und er war vor allem mit sich und seinem Leben zutiefst unzufrieden. Er hatte gehofft, seine naturwissenschaftlichen Forschungen mit seinem tiefen Glauben an Gott in Einklang bringen zu können. Nicht ohne Grund heißt sein Hauptwerk "Die Bibel der Natur". Aber er musste erkennen, dass das Gegenteil der Fall ist. Je tiefer er in die wissenschaftlichen Forschungen hinein tauchte, um so klarer wurde, dass die Bibel an vielen Stellen Geschichten beschreibt, die naturwissenschaftlich nicht zu erklären sind.

Biografie

Sein Großvater Jacob Dierkz stammte aus dem Dorf Swammerdam. Als er nach Amsterdam übersiedelte, wurde er nur Jacob (aus) Swammerdam genannt. Sein Sohn Jan Jacob übernahm den Namen. Er eröffnete dort eine Apotheke. Amsterdam war seinerzeit eine lebendige Handelsstadt. Von überallher kamen vielfältige Waren und Souvenirs. Jan Jacob Swammerdam war vielfältig interessiert und begann, zahlreiche Dinge aus aller Welt zu sammeln und in seiner Apotheke zu lagern. Dazu gehörten Münzen, Mineralien, Fossilien und Insekten.

Sein kleiner Sohn Jan Swammerdam, der am 12. Februar 1637 geboren wurde, liebte es, in den Kisten und Vitrinen zu stöbern. Da der Vater ihn nicht - trotz strengen Glaubens in der Familie - zum Studium der Theologie bewegen konnte, begann Jan Swammerdam das Studium der Medizin an der Universität Leiden bei Franciscus Sylvius.

Niels Stensen aka Nicolas Steno
Niels Stensen
(Nicolas Steno)

Zu seinen Kommilitonen gehörten unter anderem Reinier de Graaf, Frederik Ruysch und Niels Steensen  (der unter dem lat. Namen Nikolaus Steno berühmt wurde, vor allem wegen seiner Untersuchungen von Dinosaurier-Fossilien).

1664 ging Swammerdam nach Saumur und Paris, wo er Kontakte zu den wohlhabenden Universalgelehrten Tanneguy Thévenot knüpfte.

1665 kehrte er zurück nach Leiden und Amsterdam.

1667 promoviert er und wurde zum Doktor der Medizin. Seine Doktorarbeit "De respiratione" behandelte das Thema Atmung.

Anschließend praktizierte er einige Jahre als Arzt - allerdings ohne große Leidenschaft. Sein eigentliches Interesse galt der Insektenforschung. Swammerdam gehörte zu den ersten Forschern, die das Mikroskop für wissenschaftliche Forschungen verwendeten.

Blutwert Hämoglobinmenge (MCH)
Mikroskop von 
Antoni van Leeuwenhoek
Bildquelle: Deutsches Museum

Das Mikroskop wurde um 1590 von dem Niederländer Zacharias Janssen erfunden. Er stand dabei im Austausch mit seinen Landsmännern Antoni van Leeuwenhoek und Christiaan Huygens. Bereits 1658 beschrieb er als erster Mensch die von ihm unter dem Mikroskop entdeckten (roten) Blutkörperchen in Frosch-Serum.

Von 1667 bis 1675 veröffentlichte Swammerdam drei Abhandlungen zur Naturgeschichte der Insekten, die ihm hohes Ansehen einbrachten.

Um 1670 erkrankte Swammerdam an Malaria - einer bis dahin weitgehend unerforschten Krankheit. Für den Rest seines Lebens sollte er sich damit herumplagen.

1672 begann ein Krieg der Niederlande mit Frankreich. In kurzer Zeit kam der Handel und Wohlstand in Amsterdam zum Erliegen. Auch die Apotheke Swammerdam konnte nicht gerettet werden, obwohl der Vater sich intensiv bemühte, den Sohn zum Fortführen des Geschäftes zu überreden.

Wahrscheinlich aufgrund der Krankheit und der finanziellen Not wurde Swammerdam schwermütig. Er überwarf sich mit immer mehr ehemaligen Kollegen und anderen Naturforschern. Sein Vorwurf war, dass sie seine Forschungsergebnisse kopiert und zu Unrecht damit Ruhm erlangt hätten. Vergeblich versuchte er in Prozessen Anerkennung zurückzugewinnen.

Sein wissenschaftliches Ansehen war dahin. Zunehmend suchte der verzweifelte Swammerdam seinen Seelenfrieden im Glauben. Dennoch setzte er seine Forschungen fort, um in den kleinen Lebewesen den göttlichen Schöpfungsplan zu entdecken. Er wollte die Bibel und die Vorstellung einer göttlichen Schöpfung wissenschaftlich belegen. Dabei erreichte er jedoch das Gegenteil, was ihn zusätzlich verunsicherte.

1675 reiste er zu der flämischen Mystikerin Antoinette Bourignon, die nach Schleswig ausgewandert war und dort einer spirituellen Sekte vorstand.

Selbst eine von seinem Studienfreund Niels Steensen vermittelte Einladung zu Herzog Cosimo III. nach Florenz, der ihm 12000 Gulden bot, um dort seine Insektensammlung auszustellen und zu komplettieren, schlug er dafür aus.

Jan Swammerdam starb am 17. Februar 1680 in Amsterdam mit 43 Jahren. Seine Aufzeichnungen gerieten zunächst in Vergessenheit, ehe Hermann Boerhaave sie ins Lateinische übersetzt und 1737/38 unter dem Titel Biblia naturae (Die Bibel der Natur) veröffentlichte.

Blutwert Hämoglobinmenge (MCH)
Darstellung verschiedener Pflanzengallen, gallbildender Insekten und
deren Entwicklungszyklen, von Jan Swammderdam, Bildquelle: Humboldt-Universität Berlin

Wissenschaftliche Leistungen

Jan Swammerdam hat dank des Mikroskops vor allem Grundlagen für die Insektenforschung gelegt. Er hat sie klassifiziert und ihre Fortpflanzung untersucht. Dabei konnte er zeigen, dass Insekten nicht "zufällig" als "Spontanzeugung aus dem Schlamm" entstehen, sondern sich wie andere Lebewesen auch fortpflanzen aund aus einem Ei entwickeln.

Vor allem erforschte er die Entwicklung von Bienen. Er erkannte, dass nur die Bienenkönigin fortpflanzungsfähig ist. Sie ist damit das wichtigste Mitglied eines Bienenvolkes.

Swammerdam folgerte aus seinen Insekten-Beobachtungen, dass die Veränderungsprozesse bei ihrer Entwicklung (Metamorphose) im Grunde bereits als vorgegebene Anlagen vorhanden sind (in den Eiern, aus denen sie entstehen).

Außerdem untersuchte Swammerdam den Lebenszyklus der Frösche. Dabei gelang ihm eine Entdeckung, die noch heute faszinierend ist. Er extrahierte den Muskel eines Froschschenkels und konnte zeigen, dass Muskeln auf Nervenimpulse reagieren, auch ohne lebendigen Organismus.

Froschschenkel-Muskel, Zeichnung von J. Swammerdam
Froschschenkel-Muskel kontraktiert bei Nerven-Beschnitt
Zeichnung von J. Swammerdam

Eine Muskel, der an beiden Enden durch Nadeln befestigt ist, lässt sich durch Beschneiden einer Nervenfaser anspannen. Die Nadeln werden dann zusammengezogen.

Froschschenkel-Versuch, Zeichnung von J. Swammerdam
"Froschschenkel-Versuch"
Muskel in Glaskolben
Zeichnung von J. Swammerdam

Zudem konnte er zeigen, dass Muskeln bei der Kontraktion nicht an Volumen zunehmen, wie man bis dahin glaubte. Seine dafür entwickelte Methode, einzelne Froschmuskeln zu isolieren, wurde noch Jahrhunderte später angewandt.

Die Abbildung rechts zeigt den Versuchsaufbau. In einem mit Flüssigkeit gefüllten Glaskolben (a) befindet sich ein Muskel (Froschschenkel). Durch eine Öffnung (b) wird ein Nervenstrang (c) nach außen geführt. Durch einen Impuls (Schnitt) kann der Muskel zur Kontraktion gebracht werden. Dabei verändert er sein Volumen nicht, was man daran erkennt, dass sich der begrenzende Stopper im Kolben nicht bewegt.

Swammerdam nutzt das Mikroskop auch, um Blut der Frösche zu untersuchen. Dabei gelang es ihm als erstem, Blutzellen zu erkennen und zu beschreiben. Swammerdam gilt somit als Entdecker der roten Blutkörperchen (Erythrozyten).

Jan Swammerdam hat viele eindrucksvolle Zeichnungen (überwiegend wissenschaftliche Naturstudien) hinterlassen. Leider ist jedoch kein gesichertes Bildnis von ihm überliefert.

Portrait von Jan Swammerdam
Fälschlicherweise als Portrait von Jan Swammerdam interpretiertes Bildnis .
In Wirklichkeit handelt es sich um einem Mann aus dem Rembrandt-Gemälde "Anatomie des Dr Tulp"

Der Philosoph Richard David Precht hat 2006 ein sehr interessantes Radio-Feature über Jan Swammerdam konzipiert und geschrieben. Man kann das Manuskript noch online lesen (PDF, sehr zu empfehlen!)

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