Niere: Aufbau, Funktion, Blutwerte
Die Niere ist ein Organ, das Blut filtert und überflüssige Substanzen aussondert. Sie ist für den Flüssigkeitshaushalt des Organismus zuständig, quasi das Blut-Filtersystem des Organismus. Ein erwachsener Mensch hat ca. 5-6 Liter Blut im Organismus. Pro Tag fließen etwa 1800 Liter Blut durch die Nieren. Daraus werden rund 180 Liter Primärharn herausgefiltert, der dann auf ca. 2 Liter Endharn konzentriert wird.
Der lateinische Name "ren" bzw. "renal" und die griechische Form "nephrós" tauchen in vielen Fachbegriffen auf, die mit der Niere zu tun haben. Die Nephrologie ist als "Wissenschaft der Niere und ihrer Erkrankungen" ein Teilgebiet der Inneren Medizin. Die Nierenwerte geben Aufschluss über den Gesundheitszustand der Niere.
Ein Mensch hat zwei Nieren, die sich als Paar angeordnet zentral im Körper befinden, unterhalb von Herz, Lunge und Leber. Die Nieren besitzen einen direkten Zugang zur Aorta (Haupt-Arterie, vom Herzen weg fließend) und zur Hohlvene (Haupt-Vene, zum Herzen hin fließend). Wegen der Leber sitzt die rechte Niere meist etwas tiefer als die linke.
Aufbau und Funktion der Niere
Das Grundprinzip der Niere ist recht einfach: sie wirkt wie ein Filter(-sieb). Dabei werden zunächst sehr kleine Substanzen herausgefiltert. Anschließend werden diejenigen Stoffe, die gut und nützlich sind, wieder in den Blutkreislauf zurückgeführt (resorbiert) - die übrigen werden entweder direkt abgebaut oder konzentriert in die Harnblase weitergeleitet.
Eine Niere ist bohnenförmig gewölbt und umschlossen von der Nierenkapsel. Im Zentrum befindet sich das Nierenbecken - hier sammelt sich der Endharn, der durch die Nierenkelche der Nierenpyramiden eingeleitet wird. Über den Harnleiten wird der Endharn (Urin) in die Harnblase weitergeleitet. Dort werden sie dann mit dem Urin ausgeschieden.
Das (noch ungefilterte) Blut fließt aus der Nierenarterie in die Niere. Dort verzweigt sich die Arterie in der Nierenrinde in immer feinere Nierenarteriolen (sehr feine Blutgefäße). Jedes von ihnen mündet in einem Nephron, von denen jede Niere etwa eine Millionen besitzt.
Nephron
Die funktionelle Grundeinheit der Niere ist das Nephron, das sich durch eine Nierenpyramide zieht und aus Nierenkörperchen und Nierenkanälchen besteht.
Die prinzipielle Funktionsweise eines Nephrons lässt sich grob in zwei Prozesse unterteilen:
Im ersten Prozess, der im Nierenkörperchen stattfindet, wird aus dem Blut durch Querstromfiltration der Primärharn abgepresst. Bei dieser Filtration werden Bestandteile oberhalb einer bestimmten Größe, darunter die Blutkörperchen und größere Moleküle, zurückgehalten. Damit sind in dem Filtrat nur die niedermolekularen Bestandteile des Blutplasmas enthalten, darunter solche, die ausgeschieden werden sollen. Dieser Primärharn enthält aber auch – und überwiegend – zahlreiche Stoffe, die für den Körper wertvoll sind.
In einem zweiten Prozess, der im Anschluss in den schlauchartigen Nierenkanälchen (Tubuli) abläuft, werden wertvolle Stoffe wie Zucker, Aminosäuren und Elektrolyte wieder kontrolliert in den Blutkreislauf zurückgeholt, resorbiert. Weiterhin wird auch ein Großteil des abgefilterten Wassers resorbiert, das dem Körper nicht verloren gehen soll. Die Nierenkanälchen konzentrieren den Primärharn (ca. 180 Liter pro Tag) somit zum Endharn (ca. 2 Liter pro Tag), der sich im Nierenbecken sammelt, dem Beginn der Harnwege.
Aufgaben der Niere
Auf Basis dieser Funktion erfüllen die Nieren eine Reihe lebenswichtiger Aufgaben:
- Herausfiltern und Ausscheidung aus dem Blut von ...
- Giftstoffen (z.B. Pilze, Umweltgifte, Drogen, auch Medikamente)
- Endprodukten des Stoffwechsels, z.B.
- Bilirubin
- Cystatin C
- Substanzen, die (nur) im Urin ausgeschieden werden (harnpflichtig), z.B.
- Regulation des Flüssigkeitshaushalts und der Harnzusammensetzung:
- Wasserhaushalt (Osmoregulation)
- Blutvolumen (wichtig für Blutdruck-Regulation)
- PH-Wert des Blutes
- Elektrolythaushalt, z.B.
- Wasserstoffionen
- Ammoniumionen
- Natriumionen
- Chloridionen
- Zwischenstoffwechsel für Zucker (Gluconeogenese)
- Hormonproduktion, z.B.
- Insulin: reguliert den Zuckerhaushalt (besonders wichtig bei Zuckerkrankheit, Diabetes)
- Renin: reguliert den Blutdruck
- Erythropoetin (EPO): reguliert die Blutbildung, siehe Hämatopoese
Nierenwerte bei der Blutuntersuchung (Tabelle)
Die folgende Tabelle zeigt die normalen Nierenwerte für Erwachsene (*Hinweis: die Werte bei Kindern/Jugendlichen und Schwangeren können abweichen). Die Einheit "mg/dl" bedeutet "Milligramm pro Deziliter (Blut)".
Nierenwerte | ||||
Abk. | Bezeichnung | Normwerte Männer | Normwerte Frauen | Siehe auch |
KREA | Kreatinin (im Blutserum) | 0,8 bis 1,3 mg/dl | 0,7 bis 1,1 mg/dl | zu hoch zu niedrig |
Kreatinin (24h-Sammelurin) | 40 bis 260 mg/dl | 30 bis 220 mg/dl | ||
Kreatinin-Clearance | 100 bis 130 ml/min. | 80 bis 120 ml/min. | zu hoch zu niedrig |
|
Harnstoff | 17 bis 43 mg/dl | 15 bis 40 mg/dl | zu hoch zu niedrig |
|
HS | Harnsäure | bis 7,0 mg/dl | bis 6,0 mg/dl | zu hoch zu niedrig |
CysC | Cystatin C | 0,53 bis 0,95 mg/l | 0,53 bis 0,95 mg/l | zu hoch zu niedrig |
Nierenwerte | |||
Abk. | Bezeichnung | Normwerte Männer |
Normwerte Frauen |
KREA | Kreatinin (im Blutserum) | 0,8 - 1,3 mg/dl | 0,7 - 1,1 mg/dl |
Kreatinin (24h-Sammelurin) | 40 - 260 mg/dl | 30 - 220 mg/dl | |
Kreatinin-Clearance | 100 - 130 ml/min. | 80 - 120 ml/min. | |
Harnstoff | 17 - 43 mg/dl | 15 - 40 mg/dl | |
HS | Harnsäure | < 7,0 mg/dl | < 6,0 mg/dl |
CysC | Cystatin C | 0,53 - 0,95 mg/l | 0,53 - 0,95 mg/l |
Abkürzungen: min = Minute; l = Liter; dl = Deziliter; ml = Milliliter; mg = Milligramm - Mehr zu den Einheiten
Unregelmäßige Nierenwerte deuten darauf hin, dass ein Fehlfunktion der Leber (Niereninsuffizienz) vorliegt. Allerdings lässt sich an einem einzelnen Wert meist keine konkrete Ursache ablesen - erst durch den Vergleich ergibt sich ein "Nierenbild".
Erkrankungen der Niere
Anders als die Leber besitzt eine Niere kaum die Fähigkeit der Regeneration. Die Zerstörung von Nierengewebe ist fast immer dauerhaft und führt - je nach Schweregrad - zu einem schwierigerem Leben. Wenn große Teile der Niere nicht mehr funktionieren, bleiben nur zwei Möglichkeiten:
- Nierentranspantation: Einsetzen einer neuen Leber (von einem Organspender). Leider stehen dafür viel zu wenig zur Verfügung.
- Dialyse (2 bis 3 x wöchentlich): da die Niere keine Filterfunktion mehr hat (also auch kein Harn produziert), muss das Blut mit Hilfe eines Dialyse-Gerätes maschinell gereinigt werden (Dialyse=Maschinelle Reinigung des Blutes).
Die folgende Abbildung zeigt ein Nephron unter dem Lichtmikroskop:
Nierenversagen (Niereninsuffizienz)
Ursache eines Nierenversagens ist häufig eine Verengung der zufließenden Blutgefäße (Nierenarteriolen). Das kann durch folgende Erkrankungen hervorgerufen werden:
- Nierenentzündung (z.B. aufgrund einer Infektion)
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Zuckerkrankheit (Diabetes),
- Gicht
- Vergiftung: Umweltgifte, Drogen oder bestimmte Medikamente
Die Folge ist eine eingeschränkte Nierenfunktion - eine sog. Niereninsuffizienz. Dadurch kommt es zur Anhäufung harnpflichtiger Substanzen im Blut. Erste (leider sehr unspezifische) Symptome können sein:
- Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Juckreiz
Letztendlichen Aufschluss kann nur eine Untersuchung des Blutes und des Harns ergeben. Siehe dazu: Nierenwerte.
Nierensteine
Wenn sich über einen längeren Zeitraum zu viel Harnsäure im Blut sammelt, kann das, in Abhängigkeit zur PH-Konzentration des Blutes, zum Kristallisieren von Harnsäure-Salzen führen. Diese Kristalle lagern sich an verschiedenen Stellen im Körper ab, z.B. in den Sehnenscheiden oder den Gelenken (Gicht). Aber auch in der Niere selber können sich solche Kristalle ansammeln. Kleinere Kristalle werden in der Regel als Nierengrieß problemlos durch den Harnleiter transportiert.
Wenn sich größere Steine bilden, können sie das Nierengewebe schädigen und beim Transport durch den Harnleiter zur Nierenkolik führen (plötzlicher starker Schmerz, Übelkeit).
Nierensteine müssen behandelt werden (operativ oder durch Ultraschallzertrümmerung), da es sonst zur Schrumpfniere mit Verlust der Nierenfunktion kommen kann.
Arbeitsblatt Niere (für Biologie, Schule)
Für Schüler (und Lehrer) ist das folgende Arbeitsblatt über die Niere.
Das Arbeitsblatt darf man kostenlos herunterladen und ohne Nachfrage für schulische Zwecke nutzen.
- Download Arbeitsblatt Niere, Biologie Schule (PDF, 600 kb)
- Die Version mit Graustufen (statt farbige Abb.) (PDF, 600 kb)
Hier die PDF-Datei mit den Lösungen (600 kb).
Genetisch bedingte Abweichungen der Nierenwerte
Hinweis: es kommt auch vor, dass durch eine genetische Veränderung bestimmte Blutwerte außerhalb der Norm liegen, ohne dass es zu Beschwerden oder Einschränkungen kommt. Abweichende Blutwerte sind daher immer im Gesamtzusammenhang zu bewerten. Das kann nur eine Ärztin oder ein Arzt beurteilen. Diese Website dient dazu, ein solches Gespräch vorzubereiten, damit man es besser versteht.
Quellen / Weiterführende Links
- Wikipedia: Niere
- Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (Portal der Nieren-Fachärzte)
- Bundesverband Niere e.V. (Selbsthilfeverband für Nierenpatienten)
- Was ist Nephrologie?
- Welche Werte gehören zum großen Blutbild?
- Warum ist Cholesterin wichtig und gefährlich?
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